Eigenwertlöser

Für die Behandlung bestimmter Aufgaben bei der Tragwerksanalyse sind Verfahren zur Lösung von Eigenproblemen die Basis. Das Ergebnis eines Eigenproblems sind die sogenannten Eigenpaare, bestehend aus Eigenwerte und Eigenvektoren, die je nach Aufgabenstellung eine konkrete physikalische Bedeutung haben. Theoretisch gibt es soviel Eigenpaare wie das FE-Modell Freiheitsgrade besitzt. Praktisch interessieren aber nur die ersten Eigenwerte bzw. Eigenformen. EuroSta bietet mehrere Berechnungen an, die auf der Lösung eines Eigenproblem beruhen.

Dynamische Berechnung

Ermittelt werden die Eigenkreisfrequenzen mit den entsprechenden Eigenschwingformen. Für die Berechnung müssen an den FE-Knoten diskretisierte Massen vorhanden sein. Diese werden aus dem Eigengewicht des Tragwerkes ermittelt, wenn bei den Materialien für Rho ein Wert größer Null angegeben wird.
Standardmäßig erfolgt die Berechnung mit einer konsistenten Massenmatrix, die eine sehr hohe Genauigkeit liefert. In seltenen Fällen können jedoch numerische Probleme auftreten. In einer solchen Situation können Sie die Berechnung auch mit einer diagonalisierten Massenmatrix durchführen.

Stabilitätsberechnung

Ermittelt werden die Systemknicksicherheiten mit den entsprechenden Knickformen. Die Berechnung erfolgt für alle definierten Lastkombinationen.

Dischinger-Test

Zur Abschätzung des Unterschiedes zwischen Theorie 1. und 2. Ordnung ist bei druckbeanspruchten Systemen der Vergrößerungsfakor (DFA) nach DISCHINGER gut geeignet:
DFAi = 1 / (1 - 1 / νi)
Für νi >= 10, d.h. DFAi < 1.111 ist für die untersuchte Lastkombination die Berechnung nach Theorie 1. Ordnung ausreichend.
Das Abgrenzungskriterium (DIN 18800 Teil 1, El. 739) kann mit dem Vergrößerungsfaktor erfasst werden.
Die beschriebene Untersuchung kann aber zu unzutreffenden Abschätzungen führen. Beispielsweise kann mit einer zusätzlichen schwachen Stütze ein knickstabiles Tragwerk als nicht mehr stabil ausgewiesen werden (lokales Versagen).

Numerische Lösungsgenauigkeit

Große Steifigkeitsunterschiede in der Systemmatrix können sich ungünstig auf die Berechnungsergebnisse auswirken. Das kann von leichten Ungenauigkeiten bis hin zu unbrauchbaren Ergebnissen führen. Nicht immer sind diese Effekte zu verifizieren. Vor allem bei größeren FE-Systemen wächst das Risiko eines merklichen numerischen Fehlers beim Lösen des Gleichungssystems. Diese Besonderheit, die eine Eigenschaft aller FE-Lösungen ist, kann mit diesem Test sichtbar gemacht werden.
Ermittelt wird der numerische Fehler, der sich bei der Lösung des Gleichungssystems ergibt. Andere Einflussfaktoren, wie zum Beispiel Ungenauigkeiten durch eine zu grobe Diskretisierung, werden bei diesem Test nicht berücksichtigt.

Kinematische Beweglichkeit

Dieser Test dient dem Erkennen und Lokalisieren von Starrkörperbewegungen des Systems oder von Teilen davon. Sie können vor allem bei komplizierteren 3D-Systemen durch fehlende Lagerungen, falsche Anschlussbedingungen o. ä. auftreten.
In solchen Fällen besitzt die Systemsteifigkeitsmatrix soviel Nulleigenwerte, wie Beweglichkeiten vorhanden sind. Diese werden ermittelt und die entsprechenden Eigenformen (Starrkörperbewegungen) ausgegeben. Sind mehrere Beweglichkeiten im System vorhanden, so stellen die ausgegebenen Starrkörperbewegungen Linearkombinationen untereinander dar. Nicht sichtbare Beweglichkeiten, wie z.B. Starrkörperverdrehungen von Gelenken, werden bei der Ausgabe markiert.
Maximal können sechs Verschieblichkeiten vom System ermittelt und ausgegeben werden. Um überhaupt Nulleigenwerte ermitteln zu können, wird der Eigenwertgleichung eine Spektralverschiebung zugeordnet.

Die Mathematik bietet nun eine Reihe von Methoden zur Lösung von Eigenproblemen an. In EuroSta wurde das für große Systemmatrizen sehr gut geeignete Unterraum-Iterations-Verfahren (Subspace Method) verwendet. Es ist ein iteratives Verfahren, bei dem die Lösung des ursprünglichen großen Eigenproblems (Problemgröße = Freiheitsgrade) auf ein kleineres Problem (Problemgröße = Anzahl der gewünschten Eigenwerte) “projiziert” wird. Auf diese Weise ist die effektive Berechnung von Eigenpaaren bei großen FEM-Systemen überhaupt erst möglich.

Wie alle Iterationsverfahren arbeitet auch die Subspace Method mit einem Konvergenzkriterium, bei dem die Eigenwerte zweier aufeinanderfolgender Iterationsschritte miteinander verglichen werden. Die Konvergenz wird während des Iterationensvorgangs durch eine ε-Schranke überprüft. Die erreichte Genauigkeit der einzelnen Iterationsschritte wird protokolliert.

Prüffunktionen der Berechnung

Eigenwertlösungen sind mathematisch hochkomplexe Probleme, in die sich leicht unbemerkt Fehler einschleichen. Es ist bei Eigenwertlösern daher üblich, die Richtigkeit der Lösung durch weitere Tests abzusichern. So wird ein Orthogonalitätstest der Eigenformen durchgeführt. Die Orthogonalität ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für richtige Eigenvektoren. Bei Überschreitung einer intern definierten Genauigkeitsschranke erscheint im statischen Protokoll eine Warnung z. B.:

  *** Achtung! Eigenvektor 2 mit 3 nicht orthogonal, Akk=..., Akj=...

Akk steht dabei für den Orthogonalitätstest der Eigenform mit sich selbst (genauer Wert 1,0) und Akj für den Orthogonalitätstest der Eigenformen untereinander (genauer Wert 0,0). Bei Auftreten dieser Warnung ist es angeraten, den Wert der ε-Schranke zu verkleinern, um die Genauigkeit der Berechnung der Eigenwerte und der Eigenvektoren zu vergrößern.

Ein weiterer Test ist die sogenannte Sturmsche Folge. Diese überprüft, ob wirklich alle geforderten Eigenwerte lückenlos richtig vom Rechenprogramm ermittelt wurden.

Außerdem wird im statischen Protokoll die Berechnung der ”Gesamtlast” und ”Gesamtauflagerkraft” ausgegeben. Dabei wird die Eigenwertgleichung ausgewertet. Die ”Gesamtauflagerkraft” ergibt sich aus dem Produkt Systemmatrix * Eigenvektor summiert über die Freiheitsgrade für die Auflagerknoten und die ”Gesamtlast” aus dem Produkt Eigenwert * geometrischer Steifigkeitsmatrix bzw. Massenmatrix * Eigenvektor, ebenfalls summiert über die entsprechenden Freiheitsgrade. Analog der statischen Aufgabe müssen die Werte in den Spalten Px, Py, Pz für die entsprechenden Eigenfrequenzen und Eigenformen in den beiden Tabellen gleich sein.